Auszug aus >Ende des Stadplans<

Was auch geschieht

Farhad Showghi



DIESIGE, TÄTIGE GEGEND. Rote Häuser folgen roten Ziegen. Wir schmieden Pläne. Sagen Ziege-und-Wunderkerze, Ziege-statt-Kind. Das soll nicht überraschen, wir schütteln Glocken, die Sonne steht. Wir ziehen uns Hosen, legen Hände, teilweise zerreißt ein Herz. Wir können Begriffe rings um die Ziege setzen, Gebirgsseesterne in bewegten Essenzen, einen Lidschlag im März, wahlweise Windberührung. Dann finden Begegnungen statt. Hafenluft. Durchgespielte Tagesgeschäfte, Horizonte ohne zwingenden Grund. Wir bewegen uns, die Füße am Kiessaum der Straße. Was über uns war, zog den Himmel durch.







HÄLTST DU NICHT INNE, beginnt eine ganze Gegend. Handteller dreht sich, wird Straßenfest. Du gehst jetzt weg und kommst deutlich zurück. Aber dein Handteller dreht sich schon weiter. Wird Baulärm oder Geranie. Es ist nicht zu erkennen, daß du gerade wohnst. Dein Heimweg macht alles alleine: Häuser, Bäume, von unten gestrichene Balkone. Du kannst dich verspäten, zwei Finger, drei Zimmer, eine Angst verlieren, und schließt die Tür. Dein Schlüsselbund macht dir Klänge, wie du ihm Luft.







WAS AUCH GESCHIEHT: wir haben einige Birken am geöffneten Fenster, zu denen gleich alles paßt. Jede Handbewegung, ein Anfang vielleicht, ein Stück Papier. Auch der Wohnblock bei Nässe und Sonne oder als großer enthäuteter Lachs. Frauen und Kinder beginnen zu rufen, binden ihre Stimmen an die Birken, versuchen etwas, gehen fort. Wir spüren ein Winken auf den Wangen. Unsere Finger erscheinen und spielen und werden mehr und mehr. Wir machen nichts falsch. Wenn wir auch zu den Birken passen, spielend die Launen wechseln, irgendwo sitzend mit Sommerschuhen und dem Rücken zum Lachs. Lachs, sagen wir, Lachs, und die Frage: Wer sorgt für Wasser, wer für Wirbel und sturmfeste Schuppen? Jede Zimmerluft ist Lachsluft jetzt, die Außenluft der Birken. Und die Stimmen der Frauen und Kinder laufen ohne Frauen und Kinder um die Birken herum.







DIE BERGE MACHEN am Fenster Sinn, aber mit dem Fenster keine gemeinsame Sache, auch nicht mit der als Baum oder Strauch begonnenen Schwierigkeit, der Sicht eine Runde Finger auszugeben, die sich zeigend, beugend die Zeit vertreiben, bis eine schöne vergebliche Geste steht.







LUFTGITARRE. – Gerade hat der Himmel eine schiefe Schulter, will sich Ast und eine Schwierigkeit nennen, zwischen den Bäumen seinen Winddienst beginnen, langes Zögern bleibt noch etwas lange Zögern, es ist nicht traurig, mich hier jetzt so stehen zu lassen, meinem Hals weiterzuhelfen bis zur Zunge, meine Ohren werden schon zu hören bekommen, ich nehme gleich eine Luftgitarre und übe ein das Blätterrascheln, ich kann mir schon denken, wo die Sonne bleibt an diesem Tag, der nachgibt und sich selbst behelligt, bis eine Landschaft kommt. Ja, es ist nicht traurig, ruhig sich dort über einen Zaun zu beugen ganz ohne sich.







WAS SCHREITET EIN? Gerne kommen die Beine selbstvergessen wieder. Ich stehe auf. Habe etwas Leichtes am Fenster. Was los ist an Bäumen, tritt mir in den Rücken mit Planlosigkeit. Das gewollte Licht bringt mir die Häuser etwas rabiat aneinander, schnell leuchtet ein Parkplatz, um stiller zu werden, die Straßen fallen aus der Sprache mit ihnen anvertrauten Sträuchern, dann lassen sich Dächer bewegliche Wolken sagen, und jeder Bus kann sein Weltende haben. Wie es scheint, werde ich einen Spaziergang machen, mich nicht erinnern.







ZEDERN. – Lauter Zerstreuung am Rand der Lider, keine Trümmer. Kein schmaler Mond oder bildsamer Halbschlaf, wir stehen vor Zedern nach einer Körperwendung draußen am Hang. Eine erste Hitze öffnet die Achselhöhlen. Und deine Stimme, meine Stimme, geweckt mit Zedern. Zedern, unsere milchleeren Mundlautreihen. Wir spielen Fangen. Fangen. Mit luftigen zeternden Silberpappeln. Du beugst das Knie. Wir sehen unsere Arme zur Ruhe kommen unter dem Druck der reglosen Luft. Die Ferne entfiebert mit zwei strahligen Wolken. Und die Zedern bewegen sich nicht mehr, nur aus unseren Zungen.







WASSER. – Ahornblätter. Windung der Platanenrosen. Augen. Augenbrauen. Und Nasen- und Fingermulden in der Fliegendrahttür. Schauraum, nirgends eingerissen vom Luftstrom der Kinder. Ein plätscherndes Wasserbecken, keine Fontäne dreht, verschließt den Mund. Wird dich betäuben. Nicht von der Stelle rücken. Gehst fremd dem Schlaf mit sechseckigen Spiegelkacheln. Nur dein Schatten spielt. Ohne Füße. Gegen soviel Wasser.